Natürlich tut es weh, wenn eine Kampagne, in die man Monate investiert hat, mit dreisten Aufklebern von einem anonymen Gegner überklebt wird. Das war keine spontane Reaktion, sondern geplant, mit logistischem Aufwand und dem klaren Ziel, mich persönlich zu diskreditieren – ohne den Absender zu verraten.
Doch schon beim zweiten Nachdenken sehe ich es gelassener: Wenn das die „Schwäche“ meiner Kandidatur ist, die politische Gegner nach reiflicher Überlegung gefunden haben, dann stehe ich offenbar gar nicht schlecht da.
„SPD-Filz“ und „stramme Genossin“ steht da. Worte, die etwas Negatives suggerieren sollen. Für mich bedeuten sie das Gegenteil. Nach dem Abitur war mir klar: Ich will mich politisch engagieren – und das geht nur im Team. Deshalb bin ich 1991 in die SPD eingetreten. Seitdem diskutiere ich mit anderen über die wichtigsten Themen unserer Stadt, wir bilden uns eine Meinung und tragen diese in den Stadtrat, dem ich seit 1994 angehöre. Wenn „stramme Genossin“ also bedeutet, dass ich zuverlässig die Politik vertrete, die wir gemeinsam erarbeitet haben – ja, dann bin ich das gern. Mit Blick auf den Vorwurf SPD-Filz sei noch einmal betont: Ich bin gemeinsame Kandidatin von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.
Und „keine Ausbildung“? Stimmt: Ich habe mein Magisterstudium in Politikwissenschaft und Pädagogik nicht beendet. Der Grund ist einfach: Elternschaft und die Notwendigkeit, Geld zu verdienen. Ich habe damals an der Ruhr-Universität als studentische Hilfskraft am Rechenzentrum Oracle-Datenbanken programmiert. Das Studium blieb auf der Strecke – die Verantwortung für meine Familie nicht. Mein Weg war nicht der klassische, akademische, aber er hat mir Praxisnähe, Bodenhaftung und Verantwortungsbewusstsein gegeben.
„Nie gearbeitet“ steht dort auf dem Aufkleber. Das ist allein schon in Bezug auf meine geleistete Carearbeit ein überaus gestriges Weltbild. Das macht es mir schwer, darauf überhaupt ernsthaft zu antworten, aber ich werde es mal versuchen:
Meine in die Familie investierte Arbeitszeit gab meinem Mann den Raum, sein Mathematikstudium abzuschließen, zu promovieren und sich im Job zu etablieren. Daneben konnte ich den Freiraum, den mir das Alter meiner Kinder gab, immer mehr in mein Engagement für Hattingen investieren. Das ist mein Weg, den ich konsequent gegangen bin. So engagiere ich mich seit 1994 in unterschiedlichen Funktionen in Hattingen und darüber hinaus: zunächst im Verwaltungsrat von „HAZ Arbeit + Zukunft e. V.“, später als Aufsichtsrätin der Gartenstadt Hüttenau und von 2004 bis 2021 im Aufsichtsrat der Stadtwerke Hattingen. Ab 2009 übernahm ich den Vorsitz des Planungs- und Umweltausschusses, seit 2014 leite ich den Stadtentwicklungsausschuss. Seit Januar 2022 bin ich Vorsitzende der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Hattingen und seitdem auch Mitglied im Verwaltungsrat der Sparkasse Hattingen. Politik, Verantwortung und Gestaltungswillen ziehen sich seit Jahrzehnten wie ein roter Faden durch meinen Lebensweg.
Beruflich habe ich fast 20 Jahre für den Landtagsabgeordneten Prof. Dr. Rainer Bovermann gearbeitet. Ich habe die Wahlkreisstädte betreut, Bürgeranliegen bearbeitet, Veranstaltungen organisiert, Dossiers aufbereitet, Reden geschrieben und tiefe Einblicke in die Landespolitik gewonnen – insbesondere in die Schulpolitik. Ab 2022 war ich für den Bundestagsabgeordneten Axel Echeverria tätig, mit Schwerpunkten in Umweltpolitik und Petitionsrecht, und lernte dort die bundespolitischen Strukturen aus erster Hand kennen. Seit April 2025 bin ich bei der SPD-Fraktion in Wuppertal für ein Digitalisierungsprojekt verantwortlich (aktuell noch in reduzierter Stundenzahl).
Darüber hinaus habe ich auch unternehmerische Erfahrung gesammelt: 2016 war ich Mitgründerin der „Verschlusssache GbR“, die sich inzwischen zum größten Escape-Room-Anbieter in NRW entwickelt hat. Aufgrund meiner immer weiter zunehmenden politischen Arbeit in Hattingen bin ich dort inzwischen nicht mehr als Unternehmerin tätig.
Ob mich dies alles zu einer guten oder schlechten Kandidatin für das Amt als Bürgermeisterin macht, entscheiden zum Glück die Wählerinnen und Wähler und nicht ein paar einzelne, laute Stimmen mit ihren Aktionen.